LZ vom 6.12.2019
Beinahe täglich ein Artikel zu mangelnder Transparenz an der Schnittstelle zwischen Verwaltung/Behörden und politischen Gremien, die eigentlich öffentlich tagen sollten! So jedenfalls verlangt es grundsätzlich unsere Kommunalverfassung; lässt aber zu, dass Gremien in Ausnahmefällen nichtöffentlich tagen. In der Praxis allerdings gerät die Ausnahme mehr und mehr zur Regel. Jetzt sollen nicht einmal mehr die gewählten Abgeordneten Zugang zu entscheidungsrelevanten Vorgängen haben. Und heute der Gipfel: „…dass die LZ kürzlich aus dem Schriftwechsel zwischen dem Innenministerium und Landkreis über mögliche disziplinarrechtliche Konsequenzen zitiert hatte. Deswegen hat der Landkreis inzwischen Strafanzeige gegen Unbekannt gestellt.“
Hier ist ziviler Ungehorsam gefragt! Wie gut, dass es die Landeszeitung und Journalisten wie Marc Rath gibt, die sich nicht dem Postulat der „political correctness“ beugen! Danken wir allen „Whistleblowern“, die sogar politische Verfolgung riskieren!
Diese Perversion demokratischer Rechte offenbart ein sehr merkwürdiges Demokratieverständnis: Unsere gewählten Abgeordneten in den Parlamenten sollen den mehrheitlichen Willen ihrer Wähler repräsentieren. (Deshalb auch die Bezeichnung „repräsentative Demokratie.“). Dafür sind sie mit dem Privileg ausgestattet, Entscheidungen/Beschlüsse für uns Wähler zu treffen. Keinesfalls jedoch ist damit eine Art Informations-Privileg verknüpft.
Konsequenterweise gewähren 12 von 16 Bundesländern ihren Bürgern das Recht, von den jeweiligen Verwaltungen Auskunft zu allen Angelegenheiten von öffentlichem Interesse zu verlangen, und haben das als „Informationsfreiheitsgesetz“ in ihrer Landesverfassung verankert. Niedersachsen gehört nicht dazu. Drei Länder (darunter Hamburg) haben sich darüber hinaus ein Transparenzgesetz gegeben, das die Verwaltungen zwingt, sämtliche Vorgänge und Dokumente von öffentlichem Interesse online abrufbar zu machen, gewissermaßen als Bringepflicht der Behörde.
Davon sind unsere Politiker meilenweit entfernt. Selbst die Liberalen mahnen nur zaghaft an (Brüninghoff): "… Ich halte diese Regelung persönlich für nicht sonderlich pragmatisch. Es wäre meines Erachtens für alle Beteiligten umgänglicher, derartige Informationen direkt zu erhalten, statt dass einzelne Abgeordnete dazu gezwungen werden, zur Einsicht eine aufwändige Aktenvorlage beantragen zu müssen." Wo bleibt die politische Initiative auf Landes- und Bundesebene?
Häufig wird eingewandt, die Privatsphäre von Personen oder Geschäftsgeheimnisse seien gefährdet. Wenn aber von vornherein klar ist, dass Wünsche einzelner Bürger oder Firmen, die über reines Verwaltungshandeln hinausgehen, publik werden können, wäre das voll in Ordnung.
Denn zu welchen Verwerfungen und Mauscheleien die Geheimniskrämerei führen kann, erfahren wir täglich über die Medien. Wissen ist Macht, Herrschaftswissen ist Gold.
Hans-Joachim Bress
Eine Ausnahme allerdings zu akzeptieren: Angelegenheiten der inneren und äußeren Sicherheit